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Gelände-VorgeschichteDie Vorgeschichte des Geländes, auf dem das "Quartier 100" mit der Christ-König-Straße errichtet wurde.1904 - 1957: Fahrzeugwerke E. H. von LienenDie Geschichte des Quartier-Geländes als Busbetriebshof beginnt eigentlich am 1. April 1904 in der Friedrichstrasse 22 - der heutigen Hunscheidtstraße -, wo der Kaufmann Emil H. von Lienen zusammen mit einem Partner einen Reparaturbetrieb für Fahrräder und Nähmaschinen unter der Firma "Lienen & Taddigs" gründet. Vier Jahre später verlässt Taddigs die Firma, 1909 hat der Betrieb 6 Arbeiter und nimmt auch Reparaturen an Autos auf - was in der Nachbarschaft zu Beschwerden wegen der Motorgeräusche führt.Im Jahr 1920 nimmt von Lienen über den Verkauf und Reparaturbetrieb hinaus auch die Herstellung von Fahrzeugaufbauten und -Anhängern auf und firmiert fortan als "Fahrzeugfabrik" mit rund 55 Beschäftigten. Als Plattform dienen vorwiegend Fahrgestelle der Firma Büssing in Braunschweig, für die man die Generalvertretung übernimmt. Auch ein Betriebsrat nimmt zu dieser Zeit seine Arbeit auf. Im Jahr 1913 - der Betrieb hat mittlerweile 11 Arbeiter - ist es dann soweit: Von Lienen errichtet eine neue Werkstatt an der Wittener Str. 88 und firmiert fortan als "Emil H von Lienen Vertrieb von Last- und Personen-Kraftwagen. Neuzeitliche Reparaturwerkstatt für Kraftfahrzeuge aller Systeme". 1914 arbeitet man kriegsbedingt auch Sonntags, 1915 wird eine Dampfkesselanlage mit Kamin eingebaut, 1918 bereits ein Anbau vorgenommen. Luftild aus dem Jahr 1926: die große Fahrzeughalle ist beherrscht das Gelände, Steinring, Christ-König-Kirche etc. sind noch nicht vorhanden. Foto: CC BY-NC-SA 4.0 2015, Regionalverband Ruhr Zwischen 1926 und 1928 gibt es in der Umgebung der Fahrzeugwerke Änderungen: der Steinring wird über die Kreuzung mit der Otto- und Düppelstraße bis zur Wittener Straße verlängert und um 1930 werden die Hausnummern an der Wittener Strasse neu verteilt: Aus der bisherigen Nummer 88 der Fahrzeugwerke Emil H. von Lienen wird die Nr.100. Die ehemalige Nummer 100 rutscht nur acht Hausnummern weiter auf die 108. Im Jahr 1930 gestaltet sich die Nachbarschaft mit den neuen Hausnummern wie folgt, die erweiterten Hausnummern sind jeweils Hinterhäuser:
1930 wird von Lienen Generalvertretung für Henschel-Lastkraftwagen, außerdem wird das Flurstück mit dem Hinterhaus "80/2" (das Gelände des heutigen Stadtbahn-Notausstieges) zugekauft. Angrenzend an die hintere Seite des Gländes wird 1931/32 am Steinring die Christ-König-Kirche nebst Kloster gebaut. 1934 tritt der Kaufmann Friedrich Esser in die Firma ein, wird 1938 Prokurist und übernimmt im Januar 1942 die Firma unter Ihrem bisherigen Namen mit 45 Beschäftigten als neuer Eigentümer - wohl ein einschneidendes Ereignis in der Geschichte der Firma. Robert Esser wird einen Monat später ein weiterer Gesellschafter.
Ansicht von der Kreuzung Steinring/ Wittener im September 1951.
Die Häuser links stehen noch heute am Steinring. Bei den ersten goßen Bombenangriffen des "Battle of the Ruhr" der Royal Air Force auf Bochum zu Pfingsten 1943 (12./13. Juni) werden die Werkstätten stark und das als Verwaltung genutzte Wohnhaus direkt an der Wittener Straße sogar bis auf die Grundmauern zerstört. Die notdürftig wieder errichteten Anlagen werden dann beim verheerenden Angriff am 4. November 1944 abermals in Schutt und Asche gelegt. Nur dank eines 14m tiefen Luftschutzkellers wurden viele Beschäftigte und andere Altenbochumer gerettet. (Die Überlieferung sagt allerdings, dass der Luftschutzkeller sehr feucht war und ständig von den im Lager bei EHV Lienen beschäftigten Frauen leergepumpt werden musste.) Verkehrsschau-Titelblatt mit Doch auch nach dem Krieg gibt es noch einmal Nachwehen: 1947 detoniert ein Blindgänger auf dem Gelände und richtet abermals Zerstörungen an. Doch bereits im Februar 1948 beantragt Friedrich Esser - jetzt Inhaber der Fahrzeugwerke EHV Lienen - den Wiederaufbau eines Bürogebäudes anstelle des Wohnhauses an der Wittener Strasse. Robert Esser scheidet 1949 als Gesellschafter aus - EHVL wird von einer Handelsgesellschaft wieder zu einem Einzelhandelsunternehmen. Robert Esser konzentriert sich auf sein Bergbauzuliefergeschäft, die "Gewerkschaft Robert" in Bochum. 1952 bucht die Firma von Lienen sogar das Titelbild der "Verkehrsrundschau" als Werbefläche für die nach mehreren Seiten kippbaren Anhänger. In München wird im Juli 1953 eine Zweigniederlassung gegründet, die ebenfalls unter "Emil H. von Lienen" firmiert. Ein Sonderaufbau der Fahrzeugwerke von Lienen: Der erste ARAL-Zug auf Tour
Ebenfalls im Juli 1953 stellt die ARAL AG, deren Hauptverwaltung nur ein Stück abwärts an der Wittener Straße liegt,
den ersten "Aral-Zug" vor, mit dem die Marke ARAL in Form einer Roadshow beworben werden soll. Der 22m lange Aral-Zug besteht aus einer
Zugmaschine auf Basis eines Krupp Mustang mit einem Anhänger. Dazu gehört noch ein begleitender Trosswagen
auf Basis eines Ford Fx2000, allesamt mit Aufbauten der Fahrzeugwerke von Lienen in ARAL-Blau. Die Zugmaschine und ihr Anhänger waren dabei so gestaltet,
dass sie nebeneinandergestellt beide wie Zugmaschinen aussahen. Zwischen die seitlich aufklappbaren Aufbauten auf
Zugmaschine und Anhänger wurde für die Wanderausstellung ein Boden mit breiter Freitreppe eingehängt und
mit zusätzlichen Wänden und Dach ein ca. 10x8m großer Präsentationsraum geschaffen. Der Publikumserfolg des ersten
ARAL-Zuges führte schon 1954 zur Indienststellung eines weiteren Zuges, diesmal jedoch als Deplirex-Anhänger mit ausziehbaren Seiten
- allerdings nicht von EHVL.
Im Juni 1954 wird der Wiederaufbau des Werkes mit dem Bezug des neuen repräsentativen dreigeschossigen
Gebäudes direkt an der Wittener Strasse abgeschlossen. (Auch das heutige Haus an der Wittener Strasse 96 stammt aus der Zeit um 1954,
der Vorgänger wurde wie auch das alte Wohnhaus Nr. 100 im Krieg zerstört.) Mit dem Umzug
des Büros in das neue Verwaltungsgebäude kann auch die Sattlerei, die bisher in einer Baracke auf dem Gelände untergebracht war, in die festen Hallenbauten umziehen. Auf omnibusarchiv.de gibt es Bilder von Busanhängern der Firma E.H. von Lienen Typ OA 5000 und Typ OBA 5500 aus dem Jubiläumsjahr 1954. Außer Bussen und Busanhängern werden aber auch die in der "Verkehrsrundschau" beworbenen, in mehrere Richtungen kippbaren offenen Anhänger gebaut. Eine Besonderheit des Produktprogramms waren außerdem sogenannte Huckepack-Anhänger für den Haus-zu-Haus-Verkehr mit "pa-Behältern" der Bundesbahn. Diese Klein- und Großbehälter für flüssige oder feste Güter waren der Vorläufer der heute verwendeten Standard-Container, konnten in der Regel aber durch Winden und Kufen/Rampen an den Strassentransportern ohne Kran oder Gabelstapler auf- und abgeladen werden. Von Lienen Huckepack-Anhänger für den Haus-zu-Haus-Verkehr der Bahn aus einer Patentschrift von 1950: Innenansicht des Fahrzeugwerks März 1956
Im Juni 1954 kauft Friedrich Esser auch das Flurstück der zerstörten Häuser 98 und 98a auf,
so dass die Fahrzeugwerke die Adresse "Wittener Strasse 98-100" bekommen. Der bereits beantragte Erweiterungsbau
an der Verwaltung wird zugunsten der Planung einer grösseren Umgestaltung des Werkes zurückgezogen: Durch den
Zukauf ist es jetzt möglich, an der Werkstatt vorbei auf den Hof hinter den Hallen zu fahren. Das
bisher recht offene Gelände wird zudem mit einer Einfriedungsmauer in Richtung Wittener Straße abgeschlossen. Luftbild in Richtung Innenstadt 1956/57, Dazu kam, dass die deutsche Bundesbahn einen Auftrag über 1,2 mio. DM stornierte und ein weiterer angekündigter Großauftrag der amerikanischen Luftwaffe in Höhe von 32 mio. DM über Huckepack-Fahrzeuge und Wohnwagen, der das Werk auf Jahre ausgelastet hätte, ebenfalls nicht erteilt wurde. In Erwartung dieser Aufträge hatte man bei von Lienen zu viele Arbeiter trotz Unterbeschäftigung behalten und durch eine unzureichende Kostenrechnung die Aufzehrung des Eigenkapitals zu spät erkannt: Im Januar 1957 müssen die Fahrzeugwerke E.H. von Lienen wegen Zahlungsunfähigkeit Konkurs anmelden, denn in 1956 wurde bei einem Umsatz von knapp 6 mio. DM ein Verlust von 700.000 DM eingefahren, der das Eigenkapital (500.000 DM) aufzehrte. Der Überlieferung nach wurde zudem ein Auftrag für die französische Armee nicht normgemäß ausgeführt und die Abnahme der fertiggestellten Fahrzeuge daher verweigert. Die 250-400 Arbeiter und 60 Lehrlinge werden Ende Januar 1957 mit der Schliessung des Betriebes gekündigt. Auch die Konkurrenz durch die 1951 von der Firma Kässbohrer eingeführten selbsttragenden Karosserie ("SETRA") im Omnibusbau dürfte EVH Lienen mit den hier verwendeten Busaufbauten auf LKW-Fahrgestellen zu schaffen gemacht haben, auch wenn von Lienen in der Marktnische der Anhänger zur Personenbeförderung sowie der Huckepack-Anhänger wohl eine Zeit lang rech erfolgreich war. Die Geschichte der Fahrzeugwerke EHVL endet am 28. Februar 1957 mit der Löschung aus dem Handelsregister. 1957 - 2006: BOGESTRA-Hauptwerkstatt
Nach dem Konkurs der Fahrzeugwerke EHVL wird der Betrieb von einem ihrer Kunden - der
Bogestra - gekauft und nach Umbauten ab Spätherbst 1959 als "KOM-Hauptwerkstatt" betrieben (KOM = KraftOMnibus). In der
Bilanz der Bogestra von 1959 taucht das Gelände nebst Inventar im Anlagenkonto mit einem Wert von 1,5 Mio DM auf. Lageplan der "KFZ-Hauptwerkstatt", wahrscheinlich aus den 1980ern mit dem Gebäudebestand bis zum Abriss
1959 wird das bisherige Holzlager im hinteren Bereich des Geländes zu einer Omnibus-Waschanlage "umgebaut". 1968 wird
das Magazin/Lagergebäude neben den Werkhallen zur Wittener Straße hin um ein auf drei Stockwerke aufgestockt und um einen dreigeschossigen Anbau
für eine Funkwerkstatt errichtet - der Anbau bekommt eine charakteristische "runde" Ecke in Richtung der Zufahrt von der Wittener Strasse.
Auch die Fassade des Magazins wird umgestaltet.
Anfahrschacht des Stadtbahn-Bauloses F1, noch nicht bei der Endteufe von 20m angekommen
Rechts oben im Bild die Rückseiten der Wittener Str. 94 (ex "Stöberkiste") und Nr.96 Portalkran am Schacht mit dem kompletten Als letzte grössere Investition in den Standort wird 1996 noch eine Niedertemperatur-Heizungsanlage eingebaut. Von 1998 bis zur Schließung des Standortes findet die Abteilung Garten- und Landschaftspflege der diakonieeigenen gemeinnützigen Bewatt-Werkstatt Ihre Heimat in einem Teil der Hallen, die sich auch für die Unterbringung von Gartenbaugerät und -material gut eignen.
Mit der Eröffnung der neu gebauten zentralen Werkstatt auf dem Gelände der Zeche
Engelsburg an der Essener Straße im August 2005 werden die Gebäude hier gänzlich überflüssig,
daher 2006 ein Städtebau-Wettbewerb ausgelobt und das 14.400qm große Gelände 2008 an den Bochumer Bauträger Markus-Bau verkauft.
Den Wettbewerb zum "Lohberg-Depot" gewinnt das Bochumer Büro Kemper, Steiner & Partner mit Ihrem Entwurf eines "Wohnquartiers". (Link zum Plan von KSP)
Quellen:
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